Wir leben ein wunderbares Leben voller Vertrauen in unseren digitalen Lifemanager, der unseren gesamten Alltag steuert. Auf ihn können wir uns verlassen, denn er ist immer und überall mit uns verbunden und steht im permanenten Austausch mit einem weltweiten Netzwerk, das uns alle Informationen liefert, die für uns von Nutzen sind. Seit dem Eintritt des Internets in den Massenmarkt vor 40 Jahren hat es eine Weile gedauert, bis wir eine Vertrauensbasis zu dieser künstlichen Intelligenz entwickelt haben. Schließlich wurden unsere persönlichen Daten über Jahre hinweg ohne unser Wissen gesammelt und analysiert, ohne dass wir selbst davon einen Vorteil hatten. Doch das hat sich grundlegend geändert, denn ohne deine ausdrückliche Zustimmung darf heute niemand mehr deinen digitalen Fußabdruck antasten. Über deine ganz persönliche API bist du der alleinige Besitzer deiner verschlüsselten Daten und entscheidest, wie und wann andere Dienste damit arbeiten dürfen – zu deinen Geschäftsbedingungen. Die Milliarden von Dollars, die der schwunghafte Datenhandel einst einer Handvoll Unternehmen bescherte, wurden längst umverteilt. Dafür sorgen Datenbörsen und Datenbroker sowie weitere Technologieanbieter, die wie Amazon, Google oder Facebook vor mehr als einem Vierteljahrhundert das weltweite Datengeschäft revolutioniert haben. Nur dieses Mal gemeinsam und im Sinne der Bürger, denn im Zeitalter der digitalen Symbiose leben Konzerne und Konsumenten in gleichberechtigter Koexistenz – jeder profitiert von dem anderen. Alles, was in deinem digitalen Leben passiert, ist transparent und nachvollziehbar und deshalb ist auch jeder technologische Fortschritt willkommen.
Kein kommerzielles Unternehmen weiß derzeit so viel über die Vorlieben und Interessen von einzelnen Personen wie die Internetgiganten Amazon, Facebook und Google. Durch hochintelligente Computerprogramme, die Algorithmen genannt werden, haben sie das Sammeln und Analysieren der Daten ihrer Servicenutzer perfektioniert. Dieses marketingrelevante Wissen lassen sie sich von den Werbekunden teuer bezahlen, die mithilfe der gelieferten Datenprofile ihre Werbung an den Interessen von Einzelpersonen ausrichten. Deshalb gehören die US-Konzerne Facebook und Google 2014 zu den umsatzstärksten Unternehmen der Welt. In jenem Jahr meldet Facebook einen Gesamterlös in Höhe von 12,47 Milliarden Dollar. Bei Google wurden Werbegelder in Höhe von 66 Milliarden Dollar verbucht. Für die Verbraucher ist die Nutzung der Suchmaschine oder der Beitritt auf Facebook nur scheinbar kostlos; jeder bezahlt mit seinen Daten. Eine gesetzlich vorgeschriebene Bürgerschnittstelle – eine API – wird alles verändern. Womöglich werden Facebook und Google Nutzungsgebühren oder ganz neue Erlösmodelle für ihre Services einführen. Vielleicht kommen auch neuartige soziale Netzwerke oder alternative Suchmaschinen auf den Markt, die über Crowfunding – und damit von den Nutzern selbst – finanziert werden. Alles ist denkbar. Sicher ist nur, dass wir die Technologiegiganten in ihrer jetzigen Form in 15 Jahren nicht mehr wiedererkennen werden.
Im Jahr 2030 leben wir im digitalen Paradies. Alle Menschen profitieren von der Kraft des Internets. Das Ausschöpfen der unendlichen Möglichkeiten, die das Netz bietet, ist längst kein Privileg von Regierungen und Großkonzernen mehr. Deren Monopolstellung schmilzt und muss der Kreativität des Individuums weichen, das überall freien Zugang zu Informationen und Bildung hat. Das Zeitalter des freien Internets beginnt und bringt uns in allen gesellschaftlichen Bereichen dezentrale Strukturen, die von keiner Obrigkeit oder weltumspannenden Konzernen kontrolliert werden können. Jeder Einzelne ist frei in seiner Entscheidung, wie er leben möchte, welche Idee er umsetzen und vor allem, mit wem er sie teilen will. Eine wahre Sharing-Economy entsteht und ersetzt nicht nur den Daten-Kapitalismus. Selbst die weitere Existenz von Staaten muss in Frage gestellt werden, denn die selbstbestimmten Systeme bleiben klein und innovativ und organisieren sich vor allem selbst.
Im Jahr 2030 ist unser Leben so komfortabel, dass wir kaum noch Bedarf an technologischen Neuerungen haben. Innovationen kommen zum Erliegen, denn die Menschen führen auch ohne ständige technologische Neuerungen ein friedliches und entspanntes Leben. Zudem haben sie erkannt, welchen Preis der Fortschritt hat und entscheiden sich bewusst dagegen. Sie ziehen sich lieber in ihren eigenen Mikrokosmos zurück, den sie selbst kontrollieren. Alle digitalen oder digital gesteuerten Geräte sind mit Betriebssystemen ausgestattet, die ihre Datenhoheit wahren und keine Informationen an Dritte abgeben. Damit versiegt der Datenstrom, auf dem die Wirtschaftsmodelle der einstigen Internetgiganten aufgebaut waren. Facebook und Google verschwinden ebenso vom Markt wie internationale Konsumgüterhersteller, denn die meisten Verbraucher setzen bewusst auf Selbstversorgung und lokale Anbieter von Waren. Diese Neo-Öko-Phase ist auch im digitalen Zeitalter möglich, aber eingedenk des menschlichen Strebens nach Neuem wenig wahrscheinlich.
Sobald uns unsere persönlichen Daten gehören, wird sich das gesamte wirtschaftliche Gefüge ändern. Dann sind es nämlich wir Bürger, die mit dem wichtigsten Rohstoff unserer Zeit handeln werden und nicht mehr einige wenige Großkonzerne. Die Milliarden an Dollars, die sie zum Teil allein in einem Quartal umsetzen, werden in 15 Jahren in ganz neue Geschäftsfelder fließen. So wie Google im Jahr 1998 die Suchmaschine erfunden hat, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die erste frei zugängliche Datenbörse auf den Markt kommen wird. Hier kann jeder Einzelne seine Datenprofile an den Meistbietenden versteigern, was völlig neue Geschäftsmodelle für die Datenspeicherung, -kontrolle und -wartung nach sich ziehen wird. Denn so, wie wir derzeit ein Auto oder eine Wohnung im Internet kaufen oder verkaufen, werden wir auch Teile unseres Datenpakets veräußern oder über Makler anbieten können. Diese Daten-Makler werden im Auftrag des Bürgers handeln und womöglich sogar regelmäßig überprüft, um Machtmissbrauch zu verhindern. An allen Daten-Transaktionen wird der Bürger monetär beteiligt sein, der vielleicht sogar im Supermarkt sein Datenprofil direkt gegen Waren eintauschen wird. Firmen wie eBay, Facebook und Google müssen zwangsläufig neue Wege gehen, um von dieser veränderten Data-Industrie noch weiter profitieren zu können.
Das Geschäft mit den Gesundheitsdaten der Verbraucher ist weit verzweigt und hat inzwischen auch die Technologiegiganten infiziert. Apple gab unlängst bekannt, dass das Unternehmen verstärkt in den Gesundheitssektor investieren werde. Als erstes Produkt wurde im Frühjahr 2015 die Apple Watch auf den Markt gebracht, die unter anderem auch Körperfunktionen messen und mit einer entsprechenden App verknüpfen kann. Der Träger dieser Computer-Uhr liefert Apple damit seine kostbaren Gesundheitsdaten frei Haus, an denen nicht nur Pharmakonzerne, sondern auch Versicherungen und Krankenkassen interessiert sind. Das gleiche passiert auch Trägern von so genannten „Fitnessbändern“ anderer Hersteller wie das von Jawbone oder das Fuelband von Nike. Warum investieren wir die rund 590 Euro, die eine Apple Watch mindestens kostet, nicht lieber in Forschungsprojekte, die transparent über Crowdfunding finanziert werden? Das Investment kann auch die Lieferung von persönlichen Daten umfassen, solange der Forschungsansatz nachvollziehbar ist. So können neue Forschungsvorhaben angestoßen werden, die weitreichende humanitäre Veränderungen nach sich ziehen werden. Und das nicht nur in den Industriestaaten, sondern auf unserem gesamten Globus. Es gibt noch viele unerforschte Krankheiten, weil die Pharmahersteller mit deren Bekämpfung keinen Profit machen können. Beispiel Ebola: hier wird die Weltgemeinschaft nur deshalb endlich aktiv, weil die Virusinfektion 2014 von Afrika aus bis nach Europa und den USA eingeschleppt wurde und wir nur knapp einer Pandemie entkommen sind.
Hallelujah,
dafür Gottes Segen.
Ab 2017 mit Unterstützung vom Ministerium für Gutes.
Michael Maria Hübner